Branchen-Benchmark bei ressourcenschonender Produktion.
BLUDENZ Wie sich eines der letzten großen mitteleuropäischen Textilunternehmen erfolgreich am Weltmarkt behaupten kann, zeigt die Getzner Textil AG. Das Bludenzer Unternehmen, das auf eine über 200-jährige Firmengeschichte zurückblickt, zählt heute zu den weltweit führenden Herstellern von Bekleidungsdamasten, Modestoffen und Technischen Textilien. Getzner Textil ist dabei insbesondere in Westafrika der Inbegriff für edelste Damaststoffe, die dort zur traditionellen Bekleidung, dem sogenannten Boubou, weiterverarbeitet werden. Aber auch die weltweiten Top-Labels im Modebusiness wie beispielsweise Hugo Boss, Olymp oder Ted Baker setzen auf die hochwertigen Hemden- und Blusenstoffe, die in Bludenz gefertigt werden. Darüber hinaus bietet der breit aufgestellte Spezialist widerstandsfähige Textilien für Workwear wie Schutzhosen oder persönliche Schutzausrüstung sowie schallabsorbierende Textilien für den Akustikbereich. „Zur Standortsicherung tragen nicht nur das permanente Erforschen von Trends und laufende Innovationen bei, ebenso wichtig ist die stetige Verbesserung umweltfreundlicher Prozesse, um den Wärme-, Wasser und Stromverbrauch kontinuierlich zu reduzieren“, meint Constantin Fuß, Entwicklungskoordinator bei
Getzner Textil.
Einzigartige Technologie
Fuß koordiniert innerhalb der gesamten Getzner-Textil-Gruppe, zu der sechs weitere Standorte in der DACH-Region gehören, Entwicklungs- und Förderprojekte. In einem kürzlich erfolgreich abgeschlossenen und von der Österreichischen Forschungsförderungsgesellschaft (FFG) geförderten Innovationsprojekt konnte beispielsweise ein deutlich umweltfreundlicherer Prozess zur Abwasserbehandlung implementiert werden. „Unser Ziel war es, durch die neuartige Vorreinigung des Abwassers, die kommunale Abwasserreinigungsanlage (ARA) langfristig zu entlasten und so auch die Basis für weiteres Wachstum zu schaffen“, erklären Michael Seeberger, Laborleiter, und Projektleiter Michael Schranz, verantwortlich für Umwelttechnik und Management bei Getzner Textil. Denn die Textilindustrie ist einer der abwasserintensivsten Industriezweige, zu dem Bereiche wie die Vorbehandlung und Färberei im Zuge der Textilveredelung den größten Beitrag leisten. „Die Notwendigkeit der Optimierung der Abwassersituation durch Minimierung und Reinigung wird also insbesondere hier immer größer“, führt Michael Schranz weiter aus. Im Projekt ist es gelungen, die Technologie des sogenannten Advanced Oxidation Process zur Abwasserbehandlung erstmals in einem Textilbetrieb zu adaptieren und zu optimieren. Bislang wird diese nur in der chemischen und pharmazeutischen Industrie angewendet. „Damit sind wir weltweit einzigartig mit diesem Verfahren für textile Prozesse und können unsere Gesamt-Schmutzfracht um bis zu 20 Prozent sowie die schwer abbaubare organische Schmutzfracht um bis zu 30 Prozent im Gesamtabwasser reduzieren und wesentlich zur Umweltentlastung beitragen“, so Michael Seeberger.
Vielfältige Projekte
Für seine vorausschauende, aktive Umweltpolitik wurde Getzner Textil bereits mehrfach ausgezeichnet und gilt als Benchmark bei der ressourcenschonenden Produktion. Der Einsatz höchst moderner Maschinen und Technologien führte bereits in weiteren Bereichen zu Verbesserungen. „Beispielsweise reduzieren wir die eingesetzte Lauge durch Laugenrückgewinnung um mehr als 70 Prozent und auch das Wasser wird im Prozesszyklus mehrfach verwendet. Durch die Optimierung des Druckluftanlage-Systems konnte der Strombedarf um rund ein Fünftel gesenkt werden. Energie wird jedoch nicht nur eingespart, sondern auch in Form von Wärme rückgewonnen und in das firmeneigene Fernwärmenetz eingespeist“, fasst Constantin Fuß abschließend zusammen. Mit dem eigenen Fernwärmenetz werden zudem seit 2001 zahlreiche öffentliche Gebäude in unmittelbarer Umgebung des Firmenhauptsitzes sowie seit 2018 auch das Val Blu versorgt. Die Getzner Textil AG in Bludenz bezieht zu 100 Prozent österreichischen Ökostrom der VKW. Den gesamten Strombedarf können die in der Getzner-Gruppe befindlichen Wasserkraftwerke zu über 90 Prozent decken.
Texte von Belinda Zoppoth-Pölshofer & Katharina Linhart, WISTO
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