Auch das ist in Vorarlberg möglich. Vorausgesetzt, neben dem tänzerischen Talent sind der erforderliche Wille und eine hohe Disziplin vorhanden. Diese Zutaten bringt Mira Biedermann aus Rankweil zweifelsohne mit. Nicht zum ersten Mal trat sie verletzt – dieses Mal mit gebrochenem Zeh – auf, als sie im April dieses Jahres bei der rigorosen, dreitägigen Tanzaufnahmeprüfung an der MUK in Wien ihr Können unter Beweis stellen musste. „Denn sobald Mira die Bühne betritt, wird ein Schalter umgelegt. Dann funktioniert sie und strahlt und kennt keinen Schmerz“, beschreibt ihre Mutter Drazana Miras außerordentliche Bühnenpräsenz. Von den 25 Bewerber*innen aus ganz Europa wurden schließlich drei – mit Mira als Jüngster – für das neue vierjährige Pre-College Tanz aufgenommen. „Mira ist nun froh, mit der Ausbildung an der MUK etwas gefunden zu haben, das ihre Welt ist, wo man sie versteht und richtig weiter fördern kann.“
Von Barbie zur Dance Hall
Schon als Mira mit zweieinhalb Jahren mit dem Tanzen bei der dance factory move4style anfing, war sie die Jüngste. Früh war es Miras Traum, Tänzerin zu werden. Ihre Mutter erinnert sich noch gut daran, wie sie als kleines Kind immer wieder nur die Sing- und Tanzszenen in einem Barbie-Film anschaute. Durch ihren starken Ausdruck und das rasche Verinnerlichen der Choreografie trat Mira bei move4style schon bald mit den älteren Kids in Show-Gruppen und bei Meisterschaften auf.
Sowohl in der Gruppe als auch im Solo-Tanz holte Mira unzählige Titel
Mit dreieinhalb Jahren wurde Mira zudem bei der Dance Hall Bühnentanzschule Götzis aufgenommen. Früh erkannten Dance Hall-Leiter Alfredo Karl und die Ballettlehrerinnen Carina Huber sowie Nadja Steiner ihr Talent, förderten und trainierten sie etwa für ihre erste Staatsmeisterschaft, die sie mit acht Jahren nicht nur gewann, sondern sich auch auf Anhieb für die Weltmeisterschaft qualifizierte. „Mira nahm allerdings erst im letzten Jahr an der Weltmeisterschaft teil. Dafür braucht es die nötige Sicherheit, um einen solchen Wettbewerb allein zu meistern. Eine Begleitung eines Trainers ist in dieser Sportart aus Kostengründen nicht möglich“, erklärt Drazana.
Mira bringt auch einige Jahre Erfahrung im Eiskunstlauf beim Eissportverein Rankweil mit. Mit der Zeit konzentrierte sie sich voll und ganz auf den Ballettunterricht
Vorliebe für Charakter- und Akrobatiktanz
In ihrer Lieblingskategorie, dem Charaktertanz – einer speziellen Unterart des klassischen Tanzes – gewann Mira sowohl im letzten Jahr als auch in diesem Jahr die Weltmeisterschaft. WM-Bronze sicherte sie sich zudem im Klassischen Ballett. Zuvor holte sie heuer EM-Gold in allen drei angetretenen Kategorien: Klassisches Ballett, Charaktertanz und Akrobatiktanz.
Letztere Kategorie, der sogenannte Acro Dance, verbindet klassische Tanztechniken mit akrobatischen Elementen und gehört ebenfalls zu Miras bevorzugten Stilrichtungen. Da Akrobatiktanz im klassischen Ballettunterricht nicht gelehrt wird, nimmt Mira seit einigen Jahren zusätzlich Einzelunterricht bei der Kunstturnerin Patricia Ellensohn.
Mira mit Patricia Ellensohn (re.), die in ihrer Altersklasse ebenfalls Weltmeisterin im Solo-Tanz ist
Ohne Fleiß kein Preis
Für ihre außerordentlichen Leistungen erhielt Mira, die ihre Erfolge nicht gern an die große Glocke hängt, vor kurzem das Ehrenzeichen in Gold ihrer Heimatgemeinde Rankweil. Die Gymnasiastin trainiert an sechs Tagen in der Woche, zu Hause wird dann noch Stretching und Krafttraining gemacht. „Ein Tag ohne Tanzen sei für Mira langweilig“, fügt ihre Mutter an.
Was Mira im Sommer macht? Zunächst geht es nach Pula, wo sie an einem intensiven Tanz-Sommercamp teilnimmt. Unter 10.000 Tänzer*innen hat sie dafür eines der nur zehn begehrten Stipendien gewonnen. Danach geht’s mit ihrer Familie, wie immer in den Ferien, weiter in den Süden von Kroatien, wo Drazanas Elternhaus steht.
Drazana selbst stammt aus einer Gastarbeiterfamilie erster Generation. „Wie es damals oft üblich war, wuchs ich mit meinem Bruder unter der Woche bei einer Pflegefamilie auf, während meine Eltern arbeiteten“, erinnert sich Drazana und ergänzt: „Meinen Eltern war es wichtig, dass wir Kinder eine ordentliche Schulausbildung erhielten.“ Nach dem Gymnasium nutzte Drazana die Chance, Architektur zu studieren. Danach schlug sie zunächst eine klassische Uni-Karriere an der TU Innsbruck ein und arbeitet heute bei der Nußbaum Architektur Bau GmbH in Koblach. Die Vielbeschäftigte ist nebenbei ehrenamtlich im Vorstand verschiedener Vereine aktiv, engagiert sich in der Gemeindevertretung und betreut ihre Mutter.
Miras Papa Thomas absolvierte eine Lehre im Karosseriebau und legte die Meisterprüfung ab. Heute hat er die Werkstattleitung bei Loacker Recycling inne. „Wir haben die beruflichen Chancen, die sich uns boten, wahrgenommen“, meint Drazana. „Das ermöglicht uns auch, unsere Kinder bei der Verwirklichung ihrer Wünsche zu unterstützen.“ Denn neben einem großen persönlichen Einsatz ist die Ballett-Ausbildung mit einem gewissen finanziellen Aufwand verbunden. Allein die Startgebühren bei der Staatsmeisterschaft betragen an die 900 Euro. Sportlerförderung gibt es laut Drazana in dieser Randsportart leider keine. Doch für Miras Eltern steht fest: Mira soll ihren Traum des Tanzes leben und glücklich sein, das ist jeden Aufwand wert.
Mira beginnt im Herbst das universitäre Pre-College Tanz an der MUK – Musik und Kunst Privatuniversität der Stadt Wien. Parallel dazu absolviert sie dort ihren Schulabschluss. Wir wünschen weiterhin viel Erfolg!
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Ballett-Angebote im Land:
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Bilder (c): Drazana Malinovic-Biedermann | Dancestar Austria | International Dance Open